Situative Aktivierung des Flow-Erlebens

Du willst deine Chance auf einen produktiven Flow-Modus in einer ganz konkreten Arbeitssituation verbessern? Dann solltest du deine Aufmerksamkeit und Fokussierung aktiv steigern, ein mittleres Erregungsniveau herbeiführen, deine intrinsiche Motivation befeuern und für Defokussierungsphasen sorgen. So kannst du das erreichen:

1. Aufmerksamkeit und Fokus steigern

Durch die visuelle Übung „Fokussierter Blick“ kann die Aufmerksamkeit unmittelbar gesteigert werden. Hierzu wählt man sich einen Gegenstand in naher bis mittlerer Distanz (30cm-2m), auf den man eine Minute seinen Blick konzentriert richtet. Die kognitive Aufmerksamkeit folgt dann der visuellen Fokussierung.

Binaurale Beats können genutzt werden, um die Gehirnwellen in Richtung höchster Konzentration zu bringen. Binaurale Beats sind eine Art akustische Täuschung, die durch das Hören von zwei unterschiedlichen Frequenzen in jedem Ohr erzeugt wird. Das Gehirn versucht, die Diskrepanz auszugleichen, indem es das Mittel aus den abweichenden Frequenzen bildet. Zum Eintritt in den Flow-Zustand ist eine niedrige Gamma-Frequenz von etwa 40 Hertz offenbar am wirkungsvollsten. Da die Gehirnwellen während des Flow-Zustandes jedoch vermehrt Alpha- und Theta-Wellen aufweisen, ist es ratsam, die binauralen Beats nur zur Einstimmung in den Flow-Zustand, z.B. 10-30 Minuten vor der gewünschten hochkonzentrierten Flow-Phase zu hören. Einige Studien deuten auch daraufhin, dass binaurale Beats mit eine Frequenz von 40 Hertz die Dopamin-Produktion anregen, was zu einem zusätzlichen Anstieg an Motivation und Fokus führt.

Die Dauer der geplanten Fokus-Phase sollte an den menschlichen Biorhythmus und das Wissen um eine gewisse Übergangszeit in einen neuen Bewusstseinszustand angepasst sein. Expert:innen raten, die Phase von intensiver Konzentration und Aufmerksamkeit für maximal 90 Minuten und minimal 45 Minuten einzuplanen mit einer bewussten Defokussierungspahse (s.u.) von 10-30 Minuten im Anschluss.

Selbstverständlich unterstützen auch die äußeren Rahmenbedingungen dabei, in den Flow-Zustand zu kommen und darin zu bleiben: Jegliche Form der Ablenkung sollte ausgeschaltet sein, d.h. kein Smartphone liegt in der Nähe, Mail- und Messenger-Programme sind aus, Wasser steht auf dem Tisch, keine Unterbrechungen durch Kolleg:innen, Familie etc. stehen an.

2. Optimales Erregungsniveau erreichen

Zur bewussten Adrenalin-Ausschüttung stehen mehrere Techniken zur Verfügung:

Sehr effektiv und vor allem auch lang andauernd ist der sogenannte Kälte-Stress. Eine kalte Dusche erhöht beispielsweise sowohl den Adrenalin- als auch den Dopamin-Spiegel und wirkt daher besonders gut.

Eine kurze Bewegungseinheit, die den Puls nach oben treibt (z.B. Hampelmänner, anderweitiges Auf- und Abspringen), bringt einen kurzen Energieschub, der das Aktivitätsniveau sofort steigert.

Koffein stimuliert die Freisetzung von Adrenalin. Eine Tasse Kaffee o.ä. kann daher durchaus unterstützend wirken.

Auch das Timing und der Aufgabenzuschnitt kann ausschlaggebend sein: Eine Stunde nach dem Aufstehen, ist der natürliche Cortisolspiegel optimal für hochkonzentriertes Arbeiten. Unabhängig vom Tageszeitpunkt kann ein bewusst erzeugter Zeitdruck und eine herausfordernde (aber realistische) Aufgabenstellung das Erregungsniveau erhöhen, indem man sich auferlegt, dass man nur eine gewisse und überschaubare Zeitspanne hat, um ein konkretes Ziel zu erreichen und danach erst einmal nicht mehr daran weiterarbeitet. Dieser künstlich erzeugte Zeitstress wird z.B. auch beim Design Thinking angewandt, um die Kreativität zu steigern und die störende Selbstkritik zu reduzieren.

Atemtechniken, die das sympathische Nervensystem aktivieren, sind zwar sehr effektiv. Allerdings sollte man bevor man Hyperventilationstechniken anwendet, mit einem Arzt abklären, dass keine individuelle gesundheitlichen Risiken bestehen.

Da für den Flow-Zustand ein mittleres Erregungsniveau notwendig ist, sollte man nicht übertreiben und nicht zu viele der beschriebenen Maßnahmen kombinieren. Auch eine Abwechslung ist ratsam, um einen möglichen Gewöhnungseffekt zu vermeiden.

3. Defokussierungsmaßnahmen etablieren

Die Defokussierungsphase ist vor allem dann wichtig, wenn man zeitnah eine erneute Fokus-Phase haben möchte. In der Defokussierungsphase geht es darum, bewusst abzuschalten und die Gedanken schweifen zu lassen. Die Nutzung des Smartphones sollte hierbei vermieden werden, da aufgrund der Display-Größe der Blick und damit die kognitive Aufmerksamkeit automatisch fokussiert wären. Ideal sind ein Spaziergang im Freien oder eine Einheit einer Entspannungstechnik, wie z.B. Yoga-Nidra, Autogenes Training, Progressive Muskelrelaxation o.ä. Eine solche Entspannungsmethode muss nicht nach jeder Fokus-Phase praktiziert werden, sollte aber am besten einmal am Tag erfolgen. So kann die Balance zwischen sympathischen und parasympathischen Nervensystem gut gewahrt werden und die Voraussetzung dafür geschaffen werden, dass genug Energie da ist, um pro Tag mehrere hochkonzentrierte Fokusphasen im Flow erleben zu können.

4. Intrinsische Motivation befeuern

Für eine starke intrinsische Motivation muss unser Verlangen und eine Belohnungserwartung auf die Tätigkeit bzw. in unserem Fall auf den Zustand selbst, also das Arbeiten im Flow, geweckt werden. Um dies zu erreichen, ist eine emotionale Aktivierung notwendig. Hierfür kann man z.B. sein übergreifendes Haltungsziel (z.B. nach dem Zürcher Ressourcen Modell entwickelt) und/oder die multisensorisch abgespeicherte Ressource „So fühle ich mich im Flow“ als Erinnerungsbild und -zustand abrufen. Dadurch steigt der Dopaminspiegel, unser Wollen im Belohnungszentrum ist aktiv und die intrinsische Motivation geweckt. Dieser Prozess kann unterstützt werden, indem man sich die Bedeutung der bevorstehenden Aufgabe zur Erreichung des übergeordneten Ziels in Bewusstsein holt und diese etwas zuspitzt und überhöht.  

ANMERKUNG:
Die hier aufgeführten Einzelmaßnahmen (v.a. Handlungsfelder 1-3) sind maßgeblich auf Empfehlungen des Neurobiologen Dr. Andrew Huberman zurückzuführen, der in seinem Podcast “Huberman Lab” wissenschaftliche Erkenntnisse für den Laien vermittelt und praktische Tools und Verhaltensprotokolle zur Verfügung stellt.

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How to Flow - produktiv und mit Freude arbeiten

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Böser Stress, guter Stress